Dome-Bau

Am letzten Wochende haben wir eine Idee der letzten Wochen der Realisierung ein Stück näher gebracht: einen Dome (geodätische Kuppel) zu bauen. Erfunden wurde diese faszinierende Bauform, die mit extrem wenig Material schöne und sehr haltbare, kugelförmige Gebäude erzeugt in den 40er Jahren von Buckminster Fuller.
In Gesprächen mit meinen Freunden Len & Franziska von Theater R.A.B entwickelte sich die Vison, für Ihr neues Stück „Helios“ einen außergewöhlichen, naturnahen Aufführungsort zu schaffen, und es wurde relativ schnell kar, dass ein Dome dafür genau die richtige Ausstrahlung hätte.
Schon seit ich Bilder von dem letzten Boom-Festival sah, haben mich diese Gebäude fasziniert, durch ihre Ästhetik, durch den fast sakralen Charakter des Innenraums, der an die Himmelskuppel erinnert, und an die faszinierend einfachen Möglichkeiten des Bauens durch die serielle Verwendung von ganz wenigen Grundelementen.
Mein Hirn begann fast wie von selbst Entwürfe zu Bautechniken zu produzieren, die ich manchmal spät in der Nacht noch aufzeichnete:

Ideen für die Verbindungsknoten
verschiedene Ideenskizzen für die Verbindungsknoten

Letztes Wochenende machten wir uns nach einer intensiven Rechere im Netz und mit dem Know-How einer hilfreichen Berechnungs-Site aus dem Kreis um das „Burning Man-Festival“ in Amerika daran, den visionierten 10-m Dome erst einmal im Maßstab 1:10 auf dem heimischen Wohnzimmerteppich als Modell zu bauen.
Das Konstruktionsprinzip eines V3-Domes
Das Konstruktionsprinzip eines V3-Domes

Material: 2 Packungen Stohhalme, stabiler Bindfaden, etwas Draht und einige Unterlegscheiben.
Wir testeten ein System, in dem Ketten der 3 verschieden langen Elemente A, B und C zusammengestellt werden, um sie dann zu dem Gebäude zusammenzufügen. Nach einigem Studieren der Schemazeichnung kam folgendes dabei heraus:

Das gesamte Material, wohlgeordnet in Ketten aufgefädelt
Das gesamte Material, wohlgeordnet in Ketten aufgefädelt

Wir erkannten bald, dass wir ganz oben, am Scheitelpunkt mit dem Zusammenbau beginnen sollten, und einige Zeit später sah das Ganze so aus:
Vernetzung ganz praktisch...
Vernetzung ganz praktisch...

Und tatsächlich, nach dem Verbinden der ersten waagerechten Ketten begann die Kuppel wackelig sich aufzurichten. Immer wieder waren wir fasziniert von den vielen Symetrien, die sich beim Zusammensetzen ergeben. Eigentlich hätten wir 3 Farben benutzen müssen, hatten aber nur 2 Sorten Strohhalme, so dass die beiden Kürzeren Sorten A+B beide in gelb erscheinen.

Es gab Momente, in denen unser Produkt sich bedrohlich in Richtung eines chaotischen Knotens zu entwickeln schien, aber letztlich war es das schwierigste, die kleinen 6er- Verbindungen einigermaßen stabil hinzubekommen.

Wir bauten also von oben nach unten, und tatsächlich wurde unser Gebäude immer stabiler, je höher es wuchs!
Es ist schön, und es hält, obwohl es nur aus superleichten Plastikstrohhalmen besteht!

Plötzlich gab es auf auf unserem neuen Tischgrill ein leckeres Abendessen, und später vergaßen wir in unseren Planungen und Visionen ganz das Fotografieren.
Hier ein Bild vom Strohhalm-Dome, das wir später im Juli gemacht haben, als wir uns den Bau eines echten 5m-Domes vorgenommen haben.

Jetzt drehen sich unsere Gedanken darum, mit welchen Materialien man einen echten Dome in Originalgröße umsetzen könnte und dabei die Quadratur des Kreises schafft:
– möglichst preisgünstig
– möglichst ohne industrielle Spezialwerkzeug herzustellen
– möglichst schnell und einfach auf- und abzubauen (Tournee)
– regendicht, belüftbar, sturmstabil verankert
– und möglichst kompakt zum Transportieren

Mein aktuell letzter Stand ist die Idee, die Elemente schreinermäßig aus Kanthölzern anzufertigen, präzise zu verzapfen und spezialangefertigte Verbindungsknoten komplett einzusparen. Die regenfeste Außenhaut könnte direkt aufgetackert werden. Jetzt braucht es etwas Mathematik, um die Winkel für die Konstruktion exakt auszurechnen…

dome-aus-holzplane

.. die Aktion hat viel Spaß gemacht, es bleibt spannend. Mir schwirren schon Ideen mit verglasten Elementen und gut isolierten Lehmbau-Wandheizungselementen nach dem Vorbild unserer Wohnung für einen winterfesten Dome durch den Kopf….

Grundeinkommen als archimedischer Hebel

Eine andere Welt ist möglich! (mit Filmtipp)

Schon länger verfolge ich die Diskussion um die Idee eines „Bedingungslosen Grundeinkommens“. Heute läuft die Zeichnungsfrist zu einer Petition aus, die den deutschen Bundestag auffordert, sich mit dem Thema zu befassen. Der Bundestags-Server ist gerade offensichtlich unter der Last der Aufrufe zusammengebrochen, und es zeichnet sich ab, dass es eine der erfolgreichsten Petitionen sein wird. Eine Idee, deren Zeit gekommen scheint.
Auch wenn das Thema schon länger diskutiert wird – ganz basisdemokratisch ins Rollen gebracht hat diese Petition im Dez. 08 die Tagesmutter Susanne Wiest aus Greifswald, aus zunächst ganz persönlichen Gründen. Hier erzählt sie in einfachen Worten, wie es dazu kam (im Video erwähnt sie noch den Stand von 6000 Unterstützern. Heute am 17.2. hat die Unterzeichnerzahl die 50.000 längst überschritten!):

 

Ich entdeckte über einen Mail-Hinweis der (sehr empfehlenswerten) Zeitschrift Tattva-Viveka einen gut gemachten, kostenlos abrufbaren 100-min. Dokumentar-Film aus der Schweiz „Kulturimpuls Grundeinkommen“, der die Idee anspruchsvoll darstellt, in der ganzen Breite auslotet und sehr anschaulich auch die etwas komplexeren Punkten erklärt. Zum Beispiel, wieviele Steuern eigentlich in einem einfachen Latte Macciato enthalten sind.

Ich habe mir die Zeit genommen, ihn anzuschauen und habe nun zum ersten Mal begriffen, warum die Einführung eines solchen Grundeinkommens tatsächlich zu einem „archimedischen Punkt“ werden könnte (wie es Götz Werner in einem Interview formulierte), um gleich eine ganze Reihe der wichtigsten und schwierigsten sozialen Probleme unserer Zeit zu lösen, als da wären:

  • Unsere kollektive, suchtartige Abhängigkeit von einem offensichtlich gleich mehrfach destruktiven System, das auf dem naiven (weil ständig von der Wirklichkeit widerlegten) Glauben an Wohlfahrt durch ein unendlich wachsendes Wirtschaftswachstum basiert
  • Der ständig steigenden Arbeitslosigkeit, die immer größere Teile der Gesellschaft als überflüssig aussortiert (Die 80:20 Gesellschaft), inklusive sozialer Beschämung, Ausgrenzung und Perspektivlosigkeit. Daraus folgend, dem Absinken ganzer Gesellschaftsteile in dumpfen Medienkonsum („Tittitainment“), zunehmende Anfälligkeit für Süchte aller Art, politisches Desinteresse aus Hoffnungslosigkeit und zunehmende Tendenz zu Gewalt.
  • Den jedes Jahr unbezahlbarer werdenden, sozial wichtigen Tätigkeiten wie Kindererziehung, Bildung, Alten- und Krankenpflege und der allgemein immer teurer werdenden Dienstleistungen. Der Film erklärt sehr klar und transparent, woran das exakt liegt – es ist eine zwingende Folge unseres aktuellen Systems.
  • Dem zunehmenden Austrocknen von Kunst und Kultur unter dem brutalen Diktat des kapitalistischen Vermarktungszwanges.
  • Einem zunehmenden Druck, alle ethischen Maßstäbe über Bord zu werfen, um im täglichen Existenzkampf überhaupt noch bestehen zu können, etwa beim Einkaufen bei Discountern, was nur mit entschlossenem Verdrängen der menschenunwürdigen Produktions- und Handelsbedingungen hinter den Superniedrigpreisen möglich ist. 
  • Dem Leben mit einem chronisch schlechten Gewissen, weil die Wirtschafts-Maschinerie, die uns mit dem versorgt, was wir für unser Leben brauchen, rücksichtslos gegen Mensch und Natur agiert, und wir das wissen, ohne es ändern zu können.
  • Tief empfundener Sinnlosigkeit der meisten Menschen bei Ihrer Arbeit mit allen negativen psychologischen Folgen. Gerade mal 10% der Arbeitenden sind voll zufrieden mit der Qualität ihrer Arbeit, fast die Hälfte nimmt sie als gerade erträgliches Übel hin, fast jeder Dritte leidet nachhaltig unter ihr (siehe Film). Kein Wunder, dass man dem Glück künstlich nachzuhelfen versucht in so einer Gesellschaft…

Ein Grundeinkommen würde parallel in vielen dieser Bereiche positive Veränderungen anstoßen, es geht um viel, viel mehr als einfach um „Geld für alle“:

  • Zuerst, und vielleicht am wichtigsten: es würde die allgemeine Atmosphäre von Ausgeliefertsein und Existenzangst verringern
  • Es würde den Menschen Souveränität zurückgeben, weil sie eine Wahlmöglichkeit erhalten: sich nicht mehr von den von der Wirtschaft diktierten Bedingungen unterwerfen zu müssen, weil man sonst nicht existieren kann, bedeutet, auch anderen Tätigkeiten Raum geben zu können, die einem wichtig sind – dazu würden mit Sicherheit viele soziale Tätigkeiten gehören, Kinder, Familie, Freunde, ehrenamtliche oder künstlerische Arbeit. Menschen, die existentiell gesichert sind, lassen sich schlechter physisch oder psychisch ausbeuten. Sehr berührend fand ich die Im Film gezeigte Aktion im Züricher Hauptbahnhof, bei der Königs-Kronen an die Passanten verteilt wurden.
  • Kinder zu bekommen und sie großzuziehen würde wieder normaler und genussvoller Teil des Lebens und nicht mehr ein „Armutsrisiko“ oder Multitasking-Hürdenlauf für überforderte Supereltern.
  • Das Steuersystem würde durch die Reduktion auf eine einzige Konsumsteuer radikal vereinfacht werden! Den einzigen, denen es damit nicht besser ginge, wären die Steuerberater…
  • Die Fortschritts-Dividende, für die unsere Vorgängergenerationen so hart gearbeitet haben, würde endlich tatsächlich bei den Menschen ankommen und ihr Leben endlich leichter statt nur komplizierter machen.
  • Maschinenwertschöpfung würde nicht länger subventioniert, indem sie wie heute steuerfrei gestellt wird (gut im Film erklärt), sondern würde gleichwertig mit menschlicher Arbeit als Gesellschaftsgewinn zur Finanzierung des sozialen Lebens beitragen. Heute leisten wir uns, wenn man einmal genau hinsieht, den kollektiven Wahnsinn, Unternehmer (im Namen der Förderung der heiligen Kuh Wirtschaftswachstum) zu subventionieren, damit sie automatisieren, womit sie dann Arbeitslose erzeugen, die wir in der Folge von unseren Steuern zusätzlich unterhalten müssen. Dazu kommen die gesellschaftlich zu tragenden sozialen Kosten von Krankheit, Verwahrlosung und Kriminalität.
  • Motivation zur demokratischen Teilhabe könnte neu entstehen: Erstens hätten wir duch einen Grundsicherung eher Zeit für soziales und ehrenamtliches Engagement, vor allem aber würden wir eine Gesellschaft, die uns ganz nachvollziehbar monatlich Geld zum Leben gibt, ganz anders wertschätzen und wahrnehmen, und nicht mehr in dem Gefühl leben, nur Ausbeutungsmasse für einige wenige privilegierte Big Player“ zu sein, deren Interessen weit besser als unsere durch lobbygesteuerte Politiker geschützt werden. Außerdem könnte sich vielleicht durch eine Verbesserung der Bildung auch das Wissen um die Wichtigkeit der gesellschaftlichen Teilhabe wieder neu aufbauen.

Sehr inspirierend fand ich im Film auch eine historische Einordnung, die sehr anschaulich zeigt, das soziale Fortschritte (zB. die Abschaffung der Sklaverei) zunächst (besonders wirtschaftlich) immer als undurchführbar und undenkbar galten, bis sie schliesslich schrittweise erfolgreich umgesetzt wurden. Vieles, was für uns selbstverständlich ist, war vor wenigen Jahrhunderten völlig utopisch, zB. die Menschenrechte. In den Arbeiten an der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung ist das Grundeinkommen bereits angedacht worden.

Durch dem Film ist mir klar geworden, dass die Finanzierung tatsächlich nicht das Problem darstellt, wie man denken könnte – die ganzen Transfersummen fliessen auch heute schon, nur durch andere und weit weniger konstruktive Kanäle, dazu noch belastet mit ungeheurem Verwaltungsaufwand.
Das schwierigere Problem ist tatsächlich der Wertewandel, das Umdenken, das Nutzen der Freiheit! Exemplarisch für die Größe des anstehenden Bewusstseinsschrittes sind die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zum Thema:

„Würden Sie noch arbeiten gehen, wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt werden würde?
Antwort: von 80% „JA, auf jeden Fall!“
Würden andere Ihrer Meinung nach einer Einführung noch arbeiten gehen?
Antwort: von 80% „NEIN, denke ich nicht. Die Leistung-Motivation würde verloren gehen.“
Spannend, oder?
Irgendwie ist da etwas in unserer Vorstellung nicht konsistent? Wäre es denkbar, dass es eine längst andere (bessere?) Motivation zum Arbeiten geben könnte als die Überlebensnotwendigkeit?

Fazit: Wir leben offensichtlich in einem Zustand kollektiven Armutsbewusstseins – wir sind viel reicher, als wir es verstehen! Ein Bewusstseinswandel würde es ermöglichen, mit den gleichen Resourcen weit mehr Glück zu erzeugen, wenn wir verstehen, dass wir nicht für unser Einkommen arbeiten, sondern dass all unsere Arbeit vor allem anderen nützt, und alles, was wir brauchen, uns von anderen gegeben wird!

Es ist faszinierend und interessant, sich die psychologischen und gesellschaftlichen Veränderungen vorzustellen, die ein konsequent umgesetztes Grundeinkommen nach sich ziehen würde. Mir tauchen dazu natürlich verschiedene Fragen auf – es ist letztlich fast jeder Lebensbereich davon berührt, und es würde mich sehr interessieren, was die Leser meines Blogs dazu denken:

  • Wie würde es sich in den internationalen Beziehungen auswirken, wenn ein Land das Grundeinkommen einführen würde, umgeben von anderen, die wie bisher wirtschaften?
  • Wie würden sich die Warenpreise entwickeln, die Löhne? Warum?
  • Was würde das an den sozialen Sicherungssystemen bewirken?
  • Welche Folgen für ein ökologischeres Wirtschaften könnten daraus entstehen?
  • Würde mittelfristig die gesellschaftliche Kreativität aufblühen, weil Künstler, Erfinder und sozial engagierte Personen nicht mehr um Ihre Existenz fürchten müssten?
  • Gäbe es Modelle, mit denen man das System im kleineren Maßstab testweise ausprobieren könnte? In einem Dorf, einer Gemeinschaft, einer Stadt? Wie könnte das aussehen?

Also ran, an die Kommentare!

Weiterführende Informationen: