Digitale Alchemie der Bedeutung

Bedeutung und Sinn – wie aus Zeichen Worte, aus Worten Begriffe und aus Begriffen Sinn (und aus Sinn Glück) entsteht – das ist das größte und spannendste Mysterium unserer Welt.

Heute entdeckte ich zu diesem meinem Lieblingsthema, neugierig durchs Netz streifend, einen Blog von Martin Waiss, der mich zuerst durch sein Thema „semantisches Web“, dann durch die interessante und anspuchsvolle Sprache plus attraktiver grafischer Aufmachung in seinen Bann zog. Es geht um ein – mir in seinen genauen Konturen bisher noch etwas rätselhaftes Projekt „Qimaya“– das versucht, aus Texten Bedeutung zu extrahieren. Durch Einsatz von programmiertechnisch simulierten neuronalen Netzen. Also kein nachträglich im Hintergrund zugefügtes Tagging, das den Informationen „Bedeutungs-Kontext“ verleiht, sondern selbständig. Eine Art intelligente und assoziative Suchmaschine.

Auf dem verbundenen Blog des Projektes fand sich die Aufforderung, Vorschläge zu einer Nutzerschnittstelle für ein solches Werkzeug zu machen – eine Aufforderung, der ich nicht widerstehen konnte und kurzentschlossen eine Mail an die mir unbekannten Blogautoren schrieb. Endlich mal für wirklich Interessierte frei fabulieren, was mir schon hundertmal durch den Kopf ging.

Das hat Spass gemacht – und ich bekam gleich ein nettes und anerkennendes Feedback zurück. Manchmal hätte mein Merkur & Uranus- Anteil Lust, den Rest meines Lebens mit so einem Forschungsprojekt zu verbringen, in einem Team von inspirierten Forschern.

Wenn unsere Gesellschaft die Funktion von Bedeutungsgenerierung und Bewusstsein verstehen würde – wie würde sich dieses Wissen auswirken? Oft habe ich gedacht, es wäre besser, das bliebe aus dem Bereich des Machbaren ausgespart, wegen unserem ganz offensichtlichen gesellschaftlichen Unvermögen, ganzheitlich zu denken und klug mit solchen Möglichkeiten umzugehen. Die unglückliche Kombination von hoher technischer Intelligenz und sehr bescheidener sozialer und ethischer Kompetenz lässt Trauriges befürchten.

Andererseits bestünde die Chance, dass die weit verbreitete Leugnung des Geistes, und die Denuntiation aller Sinnhaftigkeit durch Relativierung aller Weltanschauungen nicht länger durchzuhalten wäre. Was technisch modellierbar ist, kann nicht ernsthaft als irreal disqualifiziert werden. So wie es manche bekannte Neurologen und Hirnforscher fertigbringen, die Existenz ihres eigenen Bewusstseins zu leugnen! Es handele sich nämlich nur um neurologische Korrelate, die dem Energieerhaltungssatz unterlägen und deshalb niemals einen freien Willen hervorbringen könnten und streng derministisch funktionieren müssten. Für mich klingt das so offensichtlich absurd wie manche kirchliche Dogmen im Mittelalter.